Rallye Wittenberg

27.03.2010
So meine lieben, jetzt gibt’s einen ausführlichen Bericht von meiner ersten Rallye. Gesamt sind wir 37. von 70 Startern und 11. von 20 in meiner Klasse geworden. 20 Fahrer sind komplett ausgefallen, was für die Rallye Wittenberg schon als normal anzusehen ist. Nur kurz vorab, ich hatte jetzt 3 Monate extremen Stress um mein Auto fertig zu bekommen, erst dachte ich,  ich hab massig Zeit, aber am Donnerstag wurden noch ein paar Teile in die Papiere eingetragen und am Freitag kurz vor der Abreise hab ich immer noch am Auto gebaut. Dafür ist fast alles fertig geworden. Am Freitag bin ich dann nach Wittenberg gefahren und habe das erste Mal meinen Kopiloten in Fleisch und Blut gesehen. Und schon hatten wir das erste Problem an der Backe. Seine Funkanlage passte nicht ans Auto, misst keine Gegensprechanlage, das wird doch nix. Obendrein spricht Basti mein Co. feinstes Sächsisch, wie soll ich denn ohne Sprechanlage verstehen? 

Kotz, das geht ja gut los, nach ein bisschen Hin und Her, sollte uns jemand 2 Helme Sprechanlage zum Rallyetag mitbringen. Ich brauche aber ne Größe S und sehe mich schon mit ner XL rumgurken und wann soll da noch Zeit sein das Ganze zu verbauen? Na egal, erst mal den Papierkram fertigmachen und dann zur Abnahme des Autos. Schön das war geschafft und ging auch reibungslos, die Gegensprechanlage ist mir völlig Wurst, dafür hab ich jetzt keine Nerven mehr. Dann zu Valle bei dem Wir schlafen durften. Die haben für uns schön gegrillt und ich trink noch ein Bier vorm Schlafengehen, was sicher besser ist als ein Energydrink nach dem ich dann nicht mehr schlafen kann. Die ganze Nacht regnet es und ab um 5 Uhr morgens kann ich nicht mehr pennen, ist die innere Unruhe, 5,5 Stunden Schlaf müssen reichen. Ich hab die Nächte vorher auch nicht mehr geschlafen und mein Körper hält es schon für normal. Schnell noch frühstücken und dann geht es los zum Trailerplatz.

Jetzt hab ich wider neuen Elan und quatsche einfach jeden an, ob er nicht nen Adapter für unsere Sprechanlage hat. Und siehe da, ein Volvo Fahrer hat noch nen Kopfhörer und Mikro zum Einbauen in den Helm. Also wird alles umgebaut und jetzt ist wieder alles planmäßig. Weil ich aber erst eine Stunde mit dem Auto auf Schotter gefahren bin und mit diesen Reifen noch gar nicht, bleibt mir nix anderes übrig, als schon beim Aufschrieb nen bisschen zu testen. Vor dem eigentlichen Rennen werden noch mal die Sponsoren vom Schlamm befreit, dann geht's endlich zum Start, alles, was Abfahrts- und Ankunftszeiten angeht, wo und in welcher Zone man stehen muss, regelt Bastifantasti für mich und das ist auch gut so. Jetzt geht es ins Auto und zum Start, erst gelbe Zone, Basti winkt und ich fahre. Ich mache nix was Basti nicht vorher angeordnet hat und das macht sich nachher auf den WP's noch bezahlt. Dann zum Start. Wo ist unsere Abfahrtskarte? Mist verlegt. wir dürfen sie zum 2. Durchgang nachreichen, puh Schwein gehabt.

WP1 MUEHLANGER 1

Und dann liegt sie vor uns, die erste WP, meine Aufregung hält sich in Grenzen (puls bei ca. 130) und das erste Stück ca.600m nur gerade auf Asphalt. Als ich endlich starte, drehe ich die Gänge bis 7000 Umdrehungen, 1 Gang – 2 – 3 – 2 ? Da ist doch was falsch. Kommt da nicht eigentlich erst die 4? Nö, ich schalte gerne mal bei Vollgas einen Gang zurück und dann einen zu hoch. Mist denk ich, mach mal nen bisschen piano, kommt nicht auf die zehntel Sek. An, lieber vernünftig die Gänge einlegen. Dann geht's in eine 5 rechts, die ich mit den Schotterreifen lieber etwas langsamer angehe. Anschließend kommt die Monster-zerbombte Gerade auf Schotter, aber siehe da, der Schlamm ist weg und wir können spontan ein paar Kohlen nachschmeißen. Es rappelt und poltert und wir heizen mit ca. 120 durch Bodenwellen, Spurrinnen und was weiß ich. Die Geschwindigkeit kann man auch gut auf den Videos sehen. Der Tacho ist in 20er Schritten unterteilt, wenn die Nadel senkrecht steht, dann sind es 120km/h. Danach wieder auf Asphalt, die Drehzahl ist im Keller und ich komme nicht vom Fleck, anschließend noch mal verschalten, bei einer Kurve zu weit außen gefahren und den einen oder anderen kleinen Patzer eingebaut. Im Ziel die erste Zeit, geil sogar schneller als der Starter vor uns, am Ende stellt sich raus, das wir auf WP1 47. von 70 Startern sind.

WP2 APOLLENSDORF NORD 1

Jetzt geht es zur WP 2, die Aufregung ist genauso hoch wie auf der 1. WP. Diesmal eine reine Schotterprüfung. Bis zur ersten Haarnadel läuft noch alles planmäßig, doch da untersteuert der Wagen gewaltig und ich komme nicht rum, als wir fast stehen, ziehe ich die Handbremse, was für' n Quatsch, wir haben Glück, dass wir nicht stecken bleiben und quälen uns unheimlich langsam den Berg hoch. Zu allem Überfluss fahre ich mir noch einen Platten vorne rechts ein. Fährt sich zwar etwas eigenartig, kann aber auch an den mega Spurrinnen liegen und deshalb geht's im Renntempo weiter. Es kommt nur noch eine gefährliche Bodenwelle, bei der wir zu stark abbremsen, aber lieber so als andersherum. Auf der Fahrt zur WP 3 wechseln wir den Reifen. Jetzt ist ein einseitig stark abgefahrener Reifen drauf, bei dem die Laufrichtung wahrscheinlich auch nicht passt, dafür kann man aber wieder geradeaus fahren. Nun sind wir spät dran und müssen jetzt auch auf den Verbindungsstücken ordentlich Gas geben.

WP3 STADTWERKE 1

Auf WP 3 wartet ein Sprung über eine Straße, wie schnell fährt man den? Ich einige mich mit Basti auf ca. 90km/h das müsste eigentlich passen und als wir die Stelle erreichen machen wir es wie besprochen, wir heben leicht ab und das Tempo war für den Anfang genau richtig. Nur die Landung erfolgt in einem schlammigen und zerklüfteten Straßenbett, was aber bei der ersten Überfahrt noch o. k. war. Auf dem Weg zum Regrupping pumpen wir den kaputten Reifen wieder auf und müssen uns schon wieder ranhalten, sonst kommen wir zum Regrupping zu spät. Danach geht's zur WP 4, wir müssen noch nachtanken und schrauben, direkt an der Zapfsäule, uns den ehemals platten Reifen wieder drauf. Der hält jetzt die Luft und hat ein viel besseres Profil. Jetzt sind wir schon wieder spät dran und ich mache wieder Flamme, auf der Verbindungsstrecke merkt man schon gewaltige Vibrationen? Könnte auch am Schlamm unterm Auto liegen, zum nochmaligen Reifenwechsel bleibt eh keine Zeit mehr.

WP4 MUEHLANGER 2

Auf WP 4 wartet wieder eine lange Asphaltgerade, diesmal verschalte ich mich nicht, nur die Vibrationen sind ab 140 extrem, das wird aber einfach ignoriert, gleich geht's auf Schotter da merkt man das sowie so nicht. ;-) Die lange Schottergerade schüttelt uns mächtig durch, Gas wegnehmen macht in meinen Augen keinen Sinn und so heben wir ein paar Mal ab. Die Sonne steht so tief, dass ich nichts mehr sehen kann. Der Schirm an meinem Helm ist zu kurz und ich fasse mir auf den Kopf um mir den Helm tiefer ins Gesicht zu ziehen (siehe Video) Am Ende war die Zeit nur 2 Sek. schneller als bei der 1. Durchfahrt, ich hätte mit mehr gerechnet, aber die Strecke war auch um Einiges ausgefahrener. Auf dem Weg zur WP 5 wechseln wir zum 3. Mal den Reifen, wir sind gut eingespielt und der abgefahrene Reifen kommt wieder drauf. Die fehlende Zeit holen wir mit fahrerischem Talent wieder raus ;-) Der Reifen macht zwar auch Geräusche, wenn man Linkskurven fährt, aber insgesamt ist er deutlich besser.

WP5 APOLLENSDORF NORD 2

Nur noch 2 WP`s und ich will jetzt schon nur noch heil ankommen. Das ist die WP, auf der wir uns beim ersten Durchgang den Platten eingefahren haben, aber wo war die Stelle? Auf den Ersten km fahre ich besonders vorsichtig und an den ausgefahrenen Löchern nehme ich Tempo raus, an vielen Stellen steht die Sonne so tief, dass wir beide nichts mehr sehen können. Ich fahre dort noch vorsichtiger und blind, einfach nach Ansage. Das Loch, wo wir den Platten bekamen, hab ich durch Zufall umfahren und danach konnte ich wieder unbesorgt Gas geben. Jetzt noch an die Stelle denken, wo es einen aushebelt, ich bin am bremsen und Basti sagt Gas geben. O. k. der wird's ja wissen, wir heben leicht ab und haben beide mächtig Spaß dabei. Das hatten wir vorher schon so gemacht, an einigen Stellen hat er mich eingebremst (1 oder 2), meisten hat er aber Gas geben gerufen, was ich auch brav befolgte. Die Zeit war auch wieder 3 Sek. besser als bei der 1. Durchfahrt.

WP6 STADTWERKE 2

Nur noch eine WP, dann sind wir durch, das wäre ja zu schön, um wahr zu sein, jetzt nur noch ankommen. Nun wird es schon dunkel, mein Licht ist nicht eingestellt und auf der letzten WP wartet der Sprung noch mal auf uns. Alle Entfernungen sehen plötzlich anders aus, meine Zusatzscheinwerfer leuchten oben rechts und links in die Bäume (siehe Video) mein Fernlicht hab ich vergessen anzumachen. Wir sehen nicht all zu viel, aber besser, als wenn einen die Sonne blendet. Anfangs fahre ich noch verhalten auf Ankommen. Dann kommt der Jump, wir fahren mit gut 10 mehr, also mit 100 km/h drüber, bei der Landung merke ich schon das der Boden hinterm Sprung noch matschiger und zerfurchter ist als beim Ersten Mal. Wir rutschen erst leicht auf der rechten Seite und mein Zusatzscheinwerfer zeigt mir die Bäume, an denen wir vorbei schlittern, das Gleiche noch mal links. Jetzt kommt das letzte Ende, was mir recht gut liegt, alle Vorsicht ist vergessen.

Basti feuert mich an und ich geb noch mal richtig Stoff. Alles passt wie die Faust aufs Auge und die letzten Meter sind noch mal richtig geil. Auto ganz, Beifahrer ganz und Fahrer ganz zufrieden. Ich geb noch ne runde Bier aus und alle sind bester Laune.



Fazit:

driften konnte ich nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe, meistens gab es sehr tiefe Spuren, dort fährt man wie auf Schienen. Die Handbremse kann man komplett vergessen, die zieht gar nicht. Die WP's liefen wie ein Film ab, man nimmt sich selbst irgendwie komisch war. Beim Motocross fährt man viel mit Gleichgewicht verlagern und setzt seinen ganzen Körper ein, beim Rallye fahren, braucht man viel mehr den Kopf, obwohl fast alle Entscheidungen unbewusst fallen. Dazu kommt noch der Helm, unter dem alle Geräusche gefiltert werden. Einiges ist auch gleich zum Motocross: z.B. gibt es Stellen, da muss man die A-Backen zusammen kneifen und durch. ;-) Letztendlich war es sehr geil, warum ich mit dem Auto so gut klargekommen bin, weiß ich auch nicht. Ich bin vorher so gut wie gar nicht gefahren, Heckantrieb hatte ich auch noch nie. So eine harte Rallye kann man nirgendwo simulieren, aber aus einem unerklärlichen Grund hat sich alles richtig angefühlt, auch bei hohem Tempo durch tiefe Wellen mit der Heckschleuder. Es gab nicht eine Situation, wo



wir beinahe abgeflogen wären. Im Nachhinein sieht man natürlich etliche Fehler, vor allem darf die Drehzahl nicht immer so weit in den Keller gehen. Prima das die Onboardcam so gute Bilder gemacht hat, nur auf WP 6 hätte ich sie anders einstellen müssen, da war es schon zu dunkel. Noch mal an alle die mich unterstützt haben und es auch noch weiterhin werden. Besonderer Dank geht ans Autohaus Neumann, TNT Offroad, Monte-Motorsport, alle Unterstützer des GVRC (alle aufzählen würde zu lange dauern) meine Familie und Freunde und Copiloten und Fotografen und und und ...

Bye, Jürgen und Basti